Über ein halbes Jahr im neuen Revier

Wie in den vergangenen Posts geschildert, erfreuen wir uns seit dem 1.4. diesen Jahres eines neuen Waldreviers. Somit gehen wir mit diesem Herbst auch in unsere erste Herbst-/Winter- bzw. Drückjagdsaison. Viel haben wir versucht, im Vorfeld zu eruieren: Wo sind die Wechsel, wo Einstände, wo Wasserstellen/Suhlen? Noch immer sind wir wie kleine Kinder dabei, das große Geschenk auszupacken und neue Details und Veränderungen im Jahresablauf zu erlernen.

Bezüglich der Drückjagd werden wir ca. 80 Prozent der bestehenden Drückjagdböcke und deren Positionen übernehmen. Die restlichen 20 Prozent setzen wir bereits auf eigene Vermutungen und (hoffentlich zutreffende) Rückschlüsse. Die Drückjagdplanung selber ist auch bereits in vollem Gange, Anfahrwege sind festgelegt und wir haben es wieder geschafft, dass zunächst das Waldrevier rundherum abgesetzt werden kann. Ist „der Sack dann zugebunden“, folgt das Besetzen der Stände in der Reviermitte.

Auch neu: Größere Dickungskomplexe, Farn und eine Revierecke mit Brombeeren werden uns zwingen, dort Hunde einzusetzen. Ich will mich mit kleinen Hunderassen versuchen. Zudem werden diese von der Treiberwehr zunächst angeleint mitgenommen und dann, z.B. vor den o.g. Waldstrukturen auf den Punkt geschnallt. Des weiteren wird deren Einsatz frühestens eine bis 1,5 Stunden nach Jagdbeginn erfolgen, da unser Anstellen und die gesamten Bewegungen anfänglich schon Unruhe genug hineinbringt. Ob es klappt? Ich werde berichten.

Und bis dato? Der legendäre Trocken-Sommer 2018 hat uns wieder einmal vor Augen geführt, wie wichtig Wasser im Revier ist. Dort, wo sich Rinnen und Kehlen im Revier finden, hielt sich – gut durch Bäume beschattet – immer noch genug Feuchtigkeit. Während der ebene, sonnenbeschienene Holzlagerplatz Mitte des Sommers trocken und alles Gras verdörrt war, stand an den Gräben o.ä. noch grünes Gras. Tief eingeschnittene Rinnen führten bis in den August noch Wasser, aber auch danach lockten sie Rot- und Schwarzwild weiter an. Da muss unbedingt noch ein Tümpel hin!

Wie sicherlich vielerorts sind auch wir mit unseren Wildwiesen und -äckern heuer kolossal gescheitert. Die Trockenheit nahm der weitaus überwiegende Zahl unserer Äsungsstreifen jedwede Nässe und so standen wir alsbald vor ausgehagerten, vertrockneten Flächen. Was zumindest ab Herbst die Lage veränderte, war die Eichelmast. Diese veränderte die Lage gleich in zweierlei Hinsicht: ja, es gab plötzlich wieder mehr und zudem attraktive Äsung im Revier, gleichzeitig verlagerte sich aber auch das Wild! Teile des Revier erschienen nun wildleer oder wurden nur noch als Durchzugskorridor genutzt. In den mit Alteichen bestandenen Partien schien sich hingegen das Wild zu massieren. Da wir im alten Waldrevier mit Eichen, Buchen und Kastanien nicht gesegnet waren, mussten wir lernen, uns hier schnell umzustellen: Da selbst Wühläcker mit Mais plötzlich zur Gänze unberührt blieben, verlagerten wir unseren Jagdbetrieb in den „Eichen-Teil“.

Geschossen wurde bis dato noch sehr wenig, zu sehr sind wir noch mit der Revier-Entwicklung beschäftigt. Hinzu kommt ein Revier interner freiwilliger Bejagungsverzicht auf weibliches Damwild. Da in unserer ganzen Region inzwischen ein deutlicher Rückgang von Dama dama zu verzeichnen ist, erlegen nicht nur wir uns Zurückhaltung auf. Das typische Erscheinungsbild unserer Kahlwildrudel ist deren „Kälber-Losigkeit“ oder ein Missverhältnis von Damtieren zu Kälbern. Nicht eben wenige Waidmänner in unserem Umfeld machen dafür die Wölfe verantwortlich. Ob dem so ist, vermag ich nicht unumstößlich zu beurteilen, aber das muss ich auch nicht. Dann nehmen wir uns eben eine Zeitlang zurück.


Großvater kannte keinen „Starkregen“

Den Juli prägen – wie die Vormonate auch – wieder zahlreiche Wetter-Kapriolen, erste suchende Böcke, schiebende und fegende Rothirsche, Trockenheit, ...

Die App, die mir täglich das Wetter auf den Computer und das Smartphone zaubert, weisst wieder einen roten Balken auf. Dort steht (wie oft eigentlich schon in diesem Jahr?) in Großbuchstaben UNWETTERWARNUNG! Da ich ja die alten (Jagd-)Tagebücher meines Großvaters in Ehren halte und immer wieder darin gerne lese (Sütterlinschrift auf altem Papier, wie wunderbar im Vergleich zu den Mails oder SMS-Nachrichten von heute), durchstöbere ich einige seiner Seiten bezüglich etwaiger Wettereinträge. Sicherlich hat es zu Opas Zeiten auch gewittert, unstrittig gab es auch (Herbst-)Stürme und „früher hatten wir noch einen Winter“. Heute hingegen vergeht kaum eine Woche, in denen nicht in den Abend-Nachrichten über die Ufer getretene Flüsse, überschwemmte Dorfstraßen, Bäume auf Gebäuden oder Hagel zur Unzeit vermeldet werden. 

Gestatten Sie mir noch einen Rückblick, dieser reicht nur eine Generation in die Vergangenheit, ein der diversen Fahren über das Land mit meinen Eltern, Sonntagsausflug genannt. Wenn wir abends zurückkamen, war die Windschutzscheibe, die Motorhaube und die Frontscheinwerfer nahezu schwarz vor (toten) Insekten. Die Montage danach fuhr Vater dann zur Tankstelle, kaufte extra Insektenlöser, um diesen dann auf die Scheibe aufzutragen. Hierfür gab es auf den Tankstellen an allen Waschstraßen „Zerstäuber“ und kleine (Draht-)Schwämme, mit den mein Vater dann mühselig das Auto vorreinigen musste. Und heute?

Direkt hinter unserem Haus habe ich einen ca. 0,5 Hektar großen Wildacker angelegt, der inzwischen von Phazelia, Raps, Buchweizen usw. bestanden ist. Inzwischen konnte ich auch als Laie vier verschiedene Hummel- sowie diverse Schmetterlingsarten ausmachen. Dazu addieren sich diverse Wildbienen aller Art. Durch die extra lückige Bestellung flankieren unzählige Ameinsennester im Boden sowie (Lauf-)Käfer das Insekten-Angebot, kurz: Tierisches Eiweiß satt! 

Dort, wo der Boden großflächiger brach liegt, weil ich bewusst Fehlstellen einbauen ließ, suchen Wendehälse und andere Vertreter der Spechte sowie unlängst auch ein Wiedehopf nach Nahrung. 




Insekten- bzw. Bienenreichtum ist ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Reviere, auch völlig abseits jagdlicher Interessen! Es ist in diesem Zusammenhang einigermaßen erschütternd zu sehen, wie kleinste Diestel-Horste, die paar blühenden Pflanzen neben dem Waldweg und selbst der Weissklee wie Oasen in der Wüste angeflogen werden.


Nur kurz zurück zum Beginn dieses Artikels: Während ich entsprechende Bilder raussuche und dieses Zeilen verfasse, kommt meine Frau ins Büro und erklärt mir, dass sie gleich den Router herunterfahren wird und ich doch schon mal alle Rechner vom Netz nehmen möge, dass „Gewitter mit Starkregen kommt jetzt näher“, verbunden mit dem Hinweis, dass „doch erst vor zwei Wochen ein Blitzeinschlag in der Nähe dazu geführt hat, dass unsere Telefonanlagen ausgefallen war. Recht hat sie, ich unterbreche meine Schreiberei und muss noch einmal an Großvater denken: „Offline“ kannte er auch nicht, der Glückliche!

Wer hätte gedacht, dass wir uns wieder Regen wünschen?

Spaziergang entlang der Wildäsungsflächen, Rückblick und Ausblick zugleich: Alle Jahre wieder können sich Buchweizen, Weiss- und Inkarnatklee, (Schwarz-)Hafer sowie Waldstaudenroggen  auf unseren Äsungsstreifen durchsetzen. Ebenso wuchs der sporadisch eingebrachte Raps nach und nach und verlängerte wirkungsvoll die Attraktivität der Flächen. In diesem Jahr flankieren wir unser Wildacker-Mosaik noch mit kleinen Wühläckern, die die Wildschweine gut und langanhaltend binden und gleichzeitig wie ein Blitzableiter wirken: Gleich nebenan wächst die Aussaat unbehelligter hoch. Aber:

Dennoch offenbart der Vergleich 2017 zu 2018 gerade auf unseren Sandböden: Wasser ist durch nichts zu ersetzten, es sei denn – durch mehr Wasser. Schon jetzt drohen erste Pflanzen zu verdörren. Während im Vorjahr alles prächtig an- und weiter wuchs, fallen unsere Flächen heuer im Vergleich bereits deutlich ab. Das Regenjahr 2017 war für uns im Wald ein Segen, 2018 wird deutlich schwieriger und mündet u.U. in einer Nachsaat.

Während auf den sandigen Wildäckern eher Dürre herrscht, ...

... steht in den beschatteten Schneisen zwischen den Dickungen
sogar noch Wasser und saftiges Grün.

Stichwort Wassermangel: Während im letzten Jahr Bäume aller Arten mit nie vorgesehenen Zuwächsen aufwarten konnten, stehen Kiefer & Co. derzeit wenig überzeugend dar. Der seit Tagen stetig wehende Wind zehrt nicht nur die Äcker, sondern auch Wald und Heide aus. So schauen wir dann auch sorgenvoll jeden Tag auf den Waldbrand-Index, der in diesen Minuten wieder die höchste Waldbrandstufe ausweist. Wer hätte (noch vor vier Wochen) gedacht, dass wir uns wieder Regen wünschen?

Unser neuer Beritt – wir sind ja erst im zweiten Monat – fordert uns mit immer neuen Fragestellungen. Aktuell stellen wir alte / neue Ansitzeinrichtungen dergestalt um, dass wir auf alle Windrichtungen reagieren können. Zuletzt hatten wir uns für „die üblichen“ Süd- bzw. Westwinde gerüstet – allein der Mai hielt (fast lückenlos!) Ost- und Nordwinde bereit. Dafür sind wir immer noch nicht fertigt eingerichtet. Aber wir arbeiten daran! Der Mai jedoch sah uns nur auf drei Positionen ansitzen, mehr war eben noch nicht fertigt gestellt. Juni und Juli werden demnach wieder intensive Monate des Jagdbetriebs, vornehmlich, um die "Hardware" weiter zu vervollständigen.

Das neue Revier bedingt auch eine veränderte Planung der Drückjagden im Herbst und Winter. Meine Nachsuchen-Gespanne habe ich aber alle schon bereits eingeladen. Die möchte ich mir nicht abwerben lassen, selbst wenn wir aktuell noch gar nicht wissen, wie viele Sitze wir tatsächlich haben. Auch da müssen wir uns noch viele Gedanken machen! 




Erste Schritte im neuen Revier

Wie in der letzten „Ausgabe“ bereits angekündigt, haben wir unser Revier gewechselt. Wie lautete meine bereits in der Kürze der Zeit bestätigte Formulierung aus dem letzen Bericht: „Wir werden ausprobieren, sicherlich scheitern und lernen, lernen, lernen.“

Zunächst einmal üben wir etwas Demut, d.h. es wird keineswegs alles gleich von Grund auf neu gestaltet. Was wir immerhin nach ersten Fahrten sagen können, dass bereits zwei/drei  Drückjagdböcke umgestellt werden müssen. Hier galt und gilt:

- Weg von den Wegen,
- rein in die Bestände
- und ran an die Wechsel.


So viel habe ich mir dann doch schon heraus genommen. Stichwort: Nahezu in der Reviermitte findet sich ein Wildacker, der sowohl von einer Kanzel, als auch von einem Wasserloch flankiert wird. Es versteht sich von selber, dass die Kanzel da umgehend abgebaut worden ist. Welch' eine wunderbare Verquickung: Reviermitte, Äsungsangebot und ganzjährige Verfügbarkeit von Wasser. Lassen wir den Tieren da ihre Ruhe.

Umbau und Tarnung

Dank Traktor mit Frontlader sowie einem Teleskop-Lader, haben wir auch schon die ein oder andere Ansitzeinrichtung „gelüftet“: Hochheben, Fussnägel schneiden, (Beton-)Platten ggf. neu ausrichten bzw. erneuern, u.U. neu abstreben – und in nahezu allen Fällen besser verblenden. Tarnnetze, Sprühfarbe und Ast-Werk kamen insbesondere bei denjenigen Kanzeln zum Einsatz, die unser Vorgänger erst im letzten Jahr neu errichten ließ und die bis heute äußerst auffällig im Walde stehen. Da sich keinerlei alte Kanzelreste daneben fanden, gehe ich von Neubauten aus – und hoffe, dass diese Reviereinrichtung nicht schon vom Wild gelernt worden sind. Der Mai wird zeigen, ob ich da richtig liege.

Anders verhielt es sich mit der ein oder anderen Reviereinrichtung, sei es eine Kanzel oder ein Drückjagdbock: Mindestens deren Vorgänger lagen noch dahinter / daneben. Hier machen wir ohne Veränderung weiter: Wer nun schon zum mindestens zweiten Mal eine Ansitzeinrichtung gleich welcher Art erneuert, muss (vermutlich) dort hinreichend Erfolge gefeiert haben. Auch das versuchen wir nachzuvollziehen. In solchen Fällen heißt es wieder: Demut.

Erfahrung(en) nutzen

Mundpropaganda, „Stille Post“ und Dorfgerede sei Dank: Inzwischen habe ich einen Waidmann aufgetan, der unweit des Reviers geboren und aufgewachsen ist. 45 Jahre Revierkenntnisse saßen unlängst neben mir, verbunden mit dem Angebot, doch noch einmal durch seine alten Flächen zu gehen. So einen Erfahrungsschatz will ich nicht missen. Wer da nicht zuhört ist selber schuld.

Inzwischen gibt es die ersten Impressionen aus dem neuen Revier ...




Revierwechsel!

In diesem Kalender- bzw. Jagdjahr stehen große Veränderungen an. Seit 1988 haben ich schon in einem Teil der uns umgebenden Wälder jagen können, 14 Jahre lang davon eine Revierteil verantwortet (siehe dazu auch die Bücher „Ein Jahr im Rotwild-Revier“ sowie „Das Waldrevier“). Nun werden unsere Jagdfreunde, meine Familie und ich von diesem Revier trennen und in einen anderen Teil wechseln. Warum?



Ich beschäftige mich viel mit wechselnden Revieren und werde häufig zwecks Revier-Beratung eingeladen. „Revierberatung“ – dies klingt nun sehr bedeutsam, ist es aber nicht. Ich bin bestimmt kein „Über-Fachmann“ für Schalenwild-Reviere. Gleichwohl hatte ich das Glück, seit 35 Jahren in wildreichen Revieren zu jagen, bin sehr viel rumgekommen und durfte Bundes- und Landesforsten ebenso kennenlernen, wie landauf und landab zahlreiche Privatreviere und -forsten. Schon seit je her gehe ich also auf Tournee und habe dabei viel lernen dürfen.

Häufig habe ich danach gut gelungene Modelle schlicht kopiert, auf andere Liegenschaften übertragen und neue Konzepte (klingt auch schon wieder größer als es ist) für verschiendeste Reviere geschrieben und umgesetzt. In unserem Fall waren dies beispielsweise die Installation einer inzwischen über 60 Prozent des Reviers umfassende (Jagd-)Ruhezone, die Aufgabe jedweder Nachtjagd (Obacht, wir reden über ein reines Waldrevier) oder der Übergang von Einzeljagd-/ansitzen zu Gemeinschaftsansitzen. Hinzu addiert sich auch die Intervalljagd, die schlussendlich darin mündete, dass wenigstens fünf Monate im Jahr gar nicht gejagt worden ist. Die Liste ließe sich verlängern. 

Was meine Familie, unsere Jagdfreunde und mich zum Wechsel veranlasste, war der Wunsch, wieder etwas Neues gestalten zu können. Wechsel zu erkunden, Äsungsstreifen und Suhlen anzulegen, ein neues – das ist das große Wort wieder – Konzept für einen anderen Waldteil zu schaffen. Über unsere ersten Schritte auf der neuen Fläche werde ich ausführlich berichten. Wir werden ausprobieren, sicherlich scheitern, Erfolge feiern und lernen, lernen, lernen.

Mit Anmerkungen zu zwei Büchern habe ich begonnen, mit einem Hinweis auf ein weiteres Buch möchte ich enden, auch wenn es nur in Teilen diesen Blog betrifft: Gemeinsam mit Andreas David habe ich das Werk „Jagen für Jungjäger“ verfasst. Die erste Auflage ist abverkauft und derzeit sitze ich an der Überarbeitung des Buches für eine zwei Auflage. 

 



Dass „Jagen für Jungjäger“ hier doch eine Erwähnung finden darf, begründet sich in folgendem Umstand: Ich habe in den letzten Tagen die lückenlos geführten Schussbücher noch einmal durchgesehen. Natürlich kommen da wieder viele Erinnerungen hoch. Zudem wurde eines deutlich: Ob tatsächlich Jungjäger oder schon alter Hase: Viele Jägerinnen und Jäger haben wir in diesen 14 Jahre eingebunden und mehr noch: Viele haben hier bei uns ihr erstes Stück Rot-, Dam- oder Schwarzwild geschossen. Das waren immer besondere Momente, an die nicht nur ich mich gerne erinnere ...